Mit der Unterstützung von feinfühligen Händen und Schaffenslust, habe ich in den letzten Wochen vermehrt Räume betreten, die auf eine eigene Art existieren. Nicht immer habe ich diese auch physisch wahrnehmen können. Ich habe mir also angeeignet, Raum nur gedanklich erfahren zu können und abzuschreiten.

Zu diesen Begegnungen fällt auch die mit Capri. Ich ging fest davon aus, das Capri einer dieser Erfindungen war und so kam es, dass ich mich erst von seiner Existenz überzeugen musste.

Wenn ich gefragt werden würde, Capri zu beschreiben, dann müsste ich erst Worte finden.
Nachdem ich diese dann gefunden hätte, wären es vermutlich solche wie: bestückt oder flaumig. Eigentlich war Capri genau der Ort, an dem ich endlich meinen dreiteiligen Bestseller vorstellen wollte. Die Lesung war gut besucht. Wir waren alle symptomfrei.
Das Outfit von Capri hat mich zum erröten gebracht. Die Stoffe fielen so fließend, wie man es sonst nur von dem Gewand der Penelope kennt.

Nachdem ich Capri wieder verlassen hatte, musste ich noch oft daran denken.

Ich fing an Kolliers zu erfinden, die ich Capri für eine Weile überlassen wollte. Dabei ließ ich gedanklich immer wieder meinen dreiteiligen Beststeller ablaufen.

Der Vorhang
Öl auf Holz, Stahl
32x24cm
2021

Die Versammlung
Öl auf Holz, Stahl
32x24cm
2021

Die Aufhängung
Öl auf Holz, Stahl
32x24cm
2021

Prunk
Die Eigentümlichkeit ist sein Anreiz.
Er bedeutete mit einer Geste einzutreten. Ein auffallender Glanz umgab ihn.
Wenn du das aufgeben könntest, den Reiz des Anderen. Würdest du ruhiger atmen.
Sie geilte sich daran auf, dass es glänzte. Verschiedene Lichter waren gebrochen.

Akt 1
Der Vorhang hing ruhig da. Er trug eine Farbe, wie sie sonst nur im inneren des Mundes vorkommt. Es ging kein Licht auf. Dafür trafen Worte ein. Erst einzeln, dann in Gruppen. Die gruppierten konnte man nicht verstehen, sie waren zu laut. Eine Stimme übertönte die andere. Wenn doch wenigstens eine davon singen würde. So war es eine Masse, ein Matsch. Abwarten.

Er zog sich etwas an, es sah aus, als kleidete es ihn sogar. Ein langer Mantel in rot. Dazu braune kniehohe Stiefel. Und das Halsband mit aufgefädelten Stücken.

Es war das erste mal, dass er sich einer solchen Aufgabe widmete. Sich selbst verstand er wortlos, aber Andere? Er würde reden müssen, sich austauschen, sich erklären.
Die letzten Wochen war er allein gewesen. Hatte sich ausschließlich den Stücken gewidmet. Keine Worte gebraucht, nur das übliche.
Sein Blick fing sich in dem schweren Halsschmuck. Ob er es bis zum Ende tragen konnte wusste er nicht. Ein milchiger Dunst lag im Raum.

Akt 2
Die Versammlung begann pünktlich zur Mittagszeit. Die Worte hatten sich allmählich beruhigt und geordnet. Es kehrte das Bedürfnis nach Verstand ein. Endlich konnte seine Arbeit beginnen. Er widmete sich jedem Ausdruck und fühlte nach. Sein Talent war es, Schwerpunkte zu fixieren, diese festzulegen und anzubringen. Einen Schwerpunkt brachte er an der Nebenwand des Vorhangs an. Er passte sich in den Raum ein. Das war der Vorteil von Schwerpunkten, sie waren nicht so flüchtig wie Vermutungen oder Bedenken. Eins seiner liebsten Werkzeuge war der Nagel. So variabel wie sich ein Nagel ins Material einbringen ließ – ob bis zum Anschlag oder auch nur ansatzweise – gab es sonst kaum. Ein Dübel beispielsweise, war vollkommen nutzlos, wenn er nicht bis zum Ende in das Loch geschlagen wurde.

Akt 3
Die Aufhängung fand unmittelbar nach der Versammlung statt. Es wurde dazu lustlos getrunken und wenig gesprochen. Er wusste, er konnte nicht mit leeren Händen von diesem Treffen zurückkehren. Was blieb ihm anderes übrig, als etwas mitgehen zu lassen. Sand klebte unter seinen Füßen. Er trug noch immer den Halsschmuck, schwer und aufgesetzt. Es fühlte sich an wie eine Verkleidung. Eine kalte Hand auf seiner Schulter, riss ihn aus seinen Gedanken. Es hatte ihn schon eine Weile keine Hand mehr berührt. Eine nasse Kälte durchfuhr seinen Körper. Er entzog sich der Hand kühn.

Nachdem die letzte Person gegangen war, blieb er noch eine Weile bei Capri. Sie hatten sich inzwischen gesetzt. Ihre Art der Kommunikation war das Sehen. Und so kam es, dass nachdem Capri die Schmuckstücke wahrnahm, diese zu Gesehenem wurden, das nun beide miteinander teilten. Die Art, wie sie sich den Dingen näherten, war rein visueller Natur. Verfolgten sie beide ähnliche Orte mit den Augen, so kamen sie sich näher. In dieser Beziehung verharrend, ließen sie nun die Optik treiben. Der Blick fiel auf eine Gruppe, bestehend aus Dreien.

Beide hatten sich also Notiz von den Objekten gemacht und waren sichtlich auf gleichem Stand. Der Umgang mit dem Gesehenen war jedoch grundlegend verschieden. In Capris Augen flimmerte es nach, Umrisse der Objekte machten sich darin bemerkbar. Bei ihm war es anders, das Erblickte erlosch kurz nach Eintreffen auf der Netzhaut und machte sich davon. So fand ein viel schnellerer Bildwechsel statt. Das unterschied ihn von Capri. Capri war bekannt dafür, sich Zeit für den Genuss des Ansehens zu lassen. Seine Pupillen schienen weich wie ein Schwamm, der alles aufsog und zunächst für sich behält. Diese Gabe machte ihn zu einem Seher. Auf diese Weise verfügt er über eine Art Materialsammlung. Seine Verkündungen, zog er aus genau diesem Fundus. Eine dieser Botschaft machte er in diesem Moment, mit flackernden Augen.

Als Capri sich ihm zuwandte, sah er ihn an und verfolgte das Betrachten.

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Ama

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Fabricius